kobinet-nachrichten 29.09.2004
Bericht von Rose Jokic
Köln (kobinet) Die Forderung nach einem Antidiskriminierungsgesetz ist mehr als begründet, wenn man die Tatsache beachtet, dass sogar Behinderteneinrichtungen Menschen mit Behinderung diskriminieren. Der folgende Fall ist ein Beleg dafür, dass behinderte Menschen in Deutschland nur mit Hilfe eines Antidiskriminierungsgesetzes geschützt werden können.
Die 23 jährige Korinna hat Anfang September in der Blindenanstalt Nürnberg eine Ausbildung als Physiotherapeutin angefangen. Sie ist seit drei Monaten Besitzerin eines Blindenführhundes, der ihr vom Augenarzt verschrieben und von der Krankenkasse als notwendiges Hilfsmittel anerkannt und finanziert wurde. Ihr Blindenführhund sollte sie während der dreijährigen Ausbildung begleiten und ihr den Ausbildungsalltag erleichtern.
«Beim Vorstellungsgespräch im Mai, wobei mich meine Mutter begleitete, machte ich darauf aufmerksam, dass ich einen Blindenführhund mitbringen würde und dass
ich auf diesen auch angewiesen bin. Mir wurde versichert, dass ich den Führhund teilweise in den Unterricht mitbringen könnte bzw. in manchen Stunden (z. B. Schwimmhalle) in der Umkleide zurücklassen solle», so die junge Auszubildende. Doch kurz nach dem Ausbildungsbeginn wurde ihr gesagt, dass sie den Blindenführhund nicht mit zum Unterricht nehmen darf, sondern ihn in der Wohnung zurücklassen sollte. Der Führhund dürfe auch nicht zum Berufspraktikum mitgenommen werden.
Korinna ist aber auf ihr offiziell anerkanntes Hilfsmittel Blindenführhund angewiesen und kann ohne seine Hilfe nicht an der Ausbildung teilnehmen. Sie bekam vom Direktorat der Einrichtung ein Schriftliches Geländeverbot, wenn sie sich dort in Begleitung mit ihrem Blindenführhund aufhalten wolle. Ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin in der Blindenanstalt Nürnberg kann die junge Frau so nicht weiter fortführen, weil die Bundesregierung der Gleichstellungsregelung von der EU noch nicht nachgekommen ist, obwohl die Frist für die Verabschiedung schon 2003 abgelaufen ist. omp
Quelle: www.kobinet-nachrichten.org