kobinet-nachrichten 21.09.2004
Rendsburg (kobinet) Die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen hat den Referentenentwurf zum Anti-Diskriminierungsgesetz ins Internet gestellt. Behinderte Menschen kommen zwar darin vor, doch die Rechte sind lange nicht so umfassend, wie es die Betroffenen selbst gefordert hatten.
So sollen Verkehrsunternehmen beispielsweise verlangen können, dass behinderte Menschen ausschließlich mit einer Begleitperson die öffentlichen Verkehrsunternehmen nutzen können. In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es:
«Absatz 2 stellt klar, dass nicht jede unterschiedliche Behandlung von Menschen mit Behinderungen, die mit einem Nachteil verbunden ist, zugleich eine sozial verwerfliche Diskriminierung beinhaltet. Das Gesetz nennt als - nicht abschließende - Beispiele zwei praktisch wichtige Fallgruppen, nämlich Ungleichbehandlungen, die der Verhütung von Schäden dienen, oder die Berücksichtigung von Risiken.
Der Schadensverhütung kann es beispielsweise dienen, wenn Transportunternehmen bei Beförderungsleistungen auf einer Begleitperson bestehen. Viele behinderte Kunden werden hierauf ohnehin zurückgreifen, weil sie anders die angebotene Leistung gar nicht in Anspruch nehmen können. Die Ungleichbehandlung ist auch dann zulässig, wenn es bei dem fraglichen Schuldverhältnis auf die Bewertung des persönlichen Risikos ankommt und die Behinderung hierbei Bedeutung zukommt, wie dies bei privaten Versicherungsverträgen der Fall sein kann.»
Sollte der Referentenentwurf als Gesetz verwirklicht werden, wäre das Anti-Diskriminierungsgesetz in diesem und anderen Punkten eine Verschlechterung im Vergleich zur bisherigen Rechtssprechung: Bereits 1984 hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass Schwerbehinderte ohne Begleitung nicht allein deswegen von der Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausgeschlossen werden dürfen, weil ihr Schwerbehindertenausweis des Vermerk «Die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung ist nachgewiesen» (Merkzeichen B) enthält (Urteil vom 11.9.1984, 9 OVG A 220/82). cl
Quelle: www.kobinet-nachrichten.org
Agenturmeldungen zufolge will die SPD noch im Herbst das Antidiskriminierungsgesetz vorlegen, dafür sprach sich der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering aus. Es wäre ein gutes Zeichen, wenn das Gesetzesvorhaben bis zum 3. Dezember, dem Tag der Behinderten, konkretisiert würde, sagte SPD-Chef Franz Müntefering. Müntefering kündigte an, das Gesetz werde breit angelegt sein und auch die Themenfelder Behinderungen und Religion umfassen.
Von RechtspolitikerInnen der SPD-Fraktion soll es außerdem einen neuen Entwurf des ZAG geben, der jedoch derzeit (Ende Oktober) noch nicht öffentlich ist. Sobald dies der Fall ist, wird der Entwurf auf der NW3 - Homepage nachzulesen sein. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr eingebracht werden und soll nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat sein.
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