Berlin (kobinet - 01.05.2003 - 15:51) Tief betroffen und enttäuscht haben behinderte Menschen auf das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts reagiert, das nach der Verhandlung über die Klage des Sozialverbands VdK zum Holocaust-Mahnmal die Freiheit der Kunst vor die Wünsche und Forderungen Behinderter setzte. Die Arbeiten am Berliner Holocaust-Mahnmal können wie geplant fortgesetzt werden, berichtet heute die Presse in einer Meldung der französischen Nachrichtenagentur AFP: Das Berliner Verwaltungsgericht entschied, dass das im Bau befindliche Denkmal mit seinen 2700 Betonstelen nicht vollständig für Rollstuhlfahrer zugänglich sein müsse. Die Richter wiesen damit eine Klage des Sozialverbandes VdK ab, der eine bauliche Veränderung an dem Projekt gefordert hatte. Es gebe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Errichtung des Mahnmals nach den Plänen des US-Architekten Peter Eisenman, hieß es in dem Urteil.
Nach einer etwa sechs Stunden währenden Verhandlung begründete das Gericht seine Entscheidung mit der auch im Grundgesetz verbrieften Freiheit der Kunst. Die Richter betonten, dass das Mahnmal südlich des Brandenburger Tores auch nach den bisherigen Planungen für Behinderte zumindest eingeschränkt zugänglich sei. Demgegenüber hatte der VdK Berlin-Brandenburg in der Verhandlung moniert, dass die Stelen in einem Abstand von 0,95 Metern aufgestellt würden. Das Gelände sei nur in 13 Achsen für Behinderte im Rollstuhl nutzbar. Die übrigen Bereiche des Stelenfeldes seien wegen der wellenförmigen Vertiefungen des Geländes für Rollstuhlfahrer nicht erreichbar. Dadurch seien die Behinderten in der Erlebbarkeit des Mahnmals erheblich benachteiligt.
Landesbehindertenbeauftragter Martin Marquard und Dr. Manfred Schmidt vom Landesbehindertenbeirat sowie Aktivistinnen vom Spontanzusammenschluss «Mobilität für Behinderte» hatten der Verhandlung beigewohnt. «Es wurde ein schwarzer Tag für uns», sagte Ursula Lehmann gegenüber kobinet. «Jetzt müssen wir damit leben, dass die Freiheit der Kunst Vorrang gegenüber berechtigten Forderungen behinderter Menschen hat. Die Senatsbürokratie hat sich am Ende zum Sieg vor Gericht gratuliert.» sch
am Donnerstag, 01.01.1970, 01:00